Impuls Juni 2021
Barmherzigkeit ist der Kern der Gemeinschaft
Juni, der Sommer naht, die Natur beschenkt uns mit ihrem Überfluss.
Liturgisch liegen die großen Feste alle hinter uns,
es folgt die “grüne” Zeit bis zum Ende des Kirchenjahres.
Aber die Texte der Evangelien in den kommenden Monaten legen einen großen Schatz für uns dar: in Gleichnissen, Predigten, in der Auseinandersetzung mit der Gesellschaft, den Unzulänglichkeiten des Menschen weist Jesus uns einen Weg, wie glückliches Miteinander gelingen kann, wie das „Reich Gottes auf Erden“ einkehren kann.
Es sind Texte, deren Motto nicht Weisung, Verbot und Gebot, nicht Prahlen oder Niedermachen sind. Es sind Texte, die „leise“ daherkommen, die, in heutiger Sprache ausgedrückt, ein wertschätzendes Miteinander darlegen, ohne Rücksicht auf Stand, Herkunft, Reichtum, Fähigkeiten, … alle mit einschließt.
Uns alle einladen, unser Gegenüber anzunehmen, wie es ist,
seine Stärken, aber auch seine Schwächen anzuerkennen,
in dem Wissen, dass auch wir selbst Stärken und Schwächen haben.
Jesu „Weltbild“ / „Gesellschaftsmodell“ ist ein Versprechen:
Achtet einander, stützt einander, nehmt euch einander an, dann werdet ihr „den Himmel auf Erden erleben“, das „Reich Gottes“ in dem jeder seinen Platz findet.
Ein über allem stehender Gedanke ist die Barmherzigkeit, die tätige Nächstenliebe.
Barmherzigkeit im Alltag, oft so sehr vernachlässigt, verdrängt, überdeckt durch Prahlen, Posen, Beurteilen, Verurteilen, …
Nein, Jesus, und auch die Kirche, stellt die Barmherzigkeit als das wichtigste Element gesellschaftlichen Miteinanders ins Zentrum.
Das gilt für uns als Christen, aber auch für alle anderen Menschen gleichermaßen.
Viele „Weise“, die sich mit gesellschaftlichem Miteinander befassen, stellen die Barmherzigkeit als das essenzielle Element funktionierender Gemeinschaften dar, unabhängig davon, ob es christliche, anders religiöse, oder aber rein „weltliche“ Gemeinschaften sind.
Etwas prahlend könnten wir sagen: wir haben es schon immer gewusst.
Aber vergessen wir dies vielleicht nicht immer wieder im Alltag?
Müssen wir es uns nicht immer wieder neu erarbeiten, ins Bewusstsein rufen?
Sind wir nicht auch immer wieder der verlorene Sohn in Jesu Gleichnis?
Besinnen wir uns und bitten die Gemeinschaft, unser Gegenüber, um Vergebung?
Wie verhalten wir uns, wenn wir plötzlich in der Rolle des barmherzigen Vaters sind?
Breiten wir da die Arme aus?
Bedingungslos, wenn der Sohn, unser Gegenüber, seine Unzulänglichkeit erkennt, bereut, um Wiederaufnahme in die Gemeinschaft bittet.
Dann nicht zu urteilen, zu verurteilen, sondern anzunehmen, Wege für eine gemeinsame Zukunft zu weisen, das ist Barmherzigkeit, die Jesus uns lehrt.
Wenn wir von Barmherzigkeit sprechen, dann kommen wir heute am Umgang unserer Institution Kirche mit dem Unrecht, das „dem Gegenüber“ angetan wurde, wo Wertschätzung mit Füßen getreten wurde, nicht vorbei.
Wie wollen wir als Gemeinschaft in die Zukunft gehen?
Mit der Last, dem Makel … kann das nicht funktionieren.
Nein, ich möchte keinem Opfer sein Leid absprechen.
Es ist ein großes, und es ist offenbar viele Male passiert.
Ob Opfer und Täter jemals in Versöhnung zueinanderkommen, können wir nicht direkt beeinflussen. Wir können nur dafür beten, dass es doch hier oder dort passiert.
Was wir aber als christliche Gemeinschaft, als Gemeinde, Gruppe auf jeden Fall tun können ist, Barmherzigkeit Raum geben.
Wir können, nein, wir müssen, die Arme ausbreiten, für alle - für die Opfer und für die Täter.
Ja, es haben sich Menschen, es haben sich Kirchenoffizielle, schuldig gemacht.
Aber um der Gemeinschaft Willen und im Sinne Jesu müssen wir denjenigen, die umkehren, die bekennen, den Raum für eine gemeinsame Zukunft geben.
Die Opfer müssen wir eher um „ausgebreitete Arme“ bitten.
Sie haben Leid erfahren in einem Raum, den wir als Gemeinschaft bilden.
Barmherzigkeit und Wertschätzung -
geben wir ihnen den Raum in unserem Leben,
den es braucht für eine reichhaltige Zukunft in Gemeinschaft,
den es braucht um dem Reiches Gottes, wie Jesus es für uns ausgerufen hat,
wieder eine Chance zu geben!
Thomas Schink
Thomas Schink