Dechant Wigbert Schwarze: „Liturgie, Verkündigung und Caritas gehören zusammen“

Anlässlich seines 40-jährigen Priesterjubiläums spricht Dechant Wigbert Schwarze im Interview über seine Berufung als Priester und seinen Einsatz für die Caritas.

Herr Dechant Schwarze, mit welchen Gefühlen blicken Sie auf 40 Jahre als Priester zurück?

Ich muss sagen, dass ich ein Glückskind bin. Ich habe immer Stellen gehabt, bei denen die Ökumene eine große Rolle gespielt hat, das gefällt mir. Sei es in Cuxhaven, sei es als Jugendseelsorger im Eichsfeld oder als Pfarrer und Dechant in Northeim und Bremerhaven, jetzt in Göttingen.

Wie sollte sich die Ökumene zukünftig weiterentwickeln?

Innerhalb der Ökumene müssen wir die vertrauten Wege, die schon da sind, konkretisieren und deutlich machen, dass auch evangelische Christen selbstverständlich zum Abendmahl gehen können. Wir dürfen keine Berührungsängste haben bei typisch katholischen Dingen. Ich glaube, da sind wir in Göttingen auf einem guten Wege, der mich sehr erfreut. Kürzlich haben wir an Fronleichnam erstmals ein ökumenisches Christusfest gefeiert.

Wer hat sich in der Ökumene mehr verändert während der vergangenen 40 Jahre, der Priester Wigbert Schwarze oder die katholische Kirche?

Als Jesuitenschüler sage ich „et … et“, sowohl als auch. Ein Mitbruder sagt immer zu mir: Du bist ein reformierter Katholik. In der Ökumene hat sich bei mir etwas getan und vor allem hat die Ökumene meinen Horizont emotional und kognitiv erweitert. Wir müssen die Vielfalt unseres Glaubens, auch die Vielfalt der Eigeninitiativen in den Kirchen zusammenfassen, dann bereichern wir uns gegenseitig. Was meine Entwicklung in der Ökumene angeht, bin ich der Beschenkte und kann sagen, ich bin zwar tief katholisch sozialisiert, aber offen für neue Dinge. Auch menschlich bereichert mich die Ökumene sehr.

Neben der Ökumene ist Ihr Leben als Priester eng mit der Caritas verbunden.

Jetzt schwärme ich wirklich aus Überzeugung, das hat damit zu tun, dass ich von Anfang an mit der Caritas zu tun hatte. Als ich als Kaplan in Cuxhaven war, haben wir ganz neu einen Kindergarten gebaut und der damalige Caritasdirektor und Generalvikar Prälat Karl Bernert hat ihn eingeweiht. Seitdem begleiten mich Kindertagesstätten durch die 40 Jahre hindurch. Ich bin überzeugt, dass durch Kindertagesstätten der Schritt der Glaubensvermittlung als erstes gelegt wird, zusammen mit den Schulen. 

In welcher Form haben Sie sich zum katholischen Priester berufen gefühlt?

Berufen fühle ich mich bis heute tatsächlich durch Vorbilder im Glauben. Ich bin von Anfang an in der Kirche groß geworden, schon als Messdiener. Ich habe viele unterschiedliche Priester erlebt, kniestrenge Priester, liebevolle ältere Menschen, auch flotte Jugendseelsorger. Geprägt hat mich, dass ich mit 19 Jahren als Schüler zur Gesellschaft Jesu gekommen bin. Die Vielfalt der Jesuiten und natürlich auch die Vielfalt der Menschen in einzelnen Diözesen finde ich faszinierend. Also ich fühle mich tatsächlich von Gott berufen.

Gibt es nicht auch einen besonderen Moment, an dem die Berufung erstmals oder sicher gespürt wird?

Ja, das war bei mir relativ früh. Ich kann mich gut erinnern, das war in der Oberstufe, es war in der 11. Klasse, da habe ich gedacht, ich glaube, das wäre was für mich. Auch meine Großmutter hat mich sehr geprägt. Sie hat ihren Sohn im Zweiten Weltkrieg verloren, aber nicht ihren Glauben. Ich halte mich nicht für einen besonders frommen Priester, sondern für einen, der in dieser Welt das Reich Gottes verkündet.

Zurück zur Caritas: wie haben Sie dort gespürt, dass Ihr persönliches Engagement sinnvoll ist? 

Die Caritas wurde gerade in der Zeit meines Anfangsseins als Priester geprägt von Persönlichkeiten, bei denen ganz klar Liturgie, Verkündigung und Caritas zusammengehört haben. Bischof Dr. Josef Homeyer hat damals gesagt, wenn da irgendwas fehlt, dann hat die Kirche Schlagseite. Das heißt, die Caritas ist zwar institutionell organisiert, aber arbeitet vom Anspruch Jesu aus, zu den Armen und Schwachen zu gehen. Und das fängt bei Kindertagstätten an, bei der Armutsbekämpfung und vielen Aktionen. Deswegen bin ich sehr dankbar, dass ich jetzt Caritasratsvorsitzender in Südniedersachsen bin, das motiviert mich weiterhin in meiner täglichen Arbeit für die Menschen. Caritas ist ein starkes Stück Kirche, je stärker wir aufgestellt sind, umso mehr können wir für andere Menschen Gutes tun.

Was haben Sie sich für die nächsten Jahre vorgenommen?

Die nächsten Jahre werden davon geprägt sein, dass wir im Immobilienprozess des Bistums Hildesheim merken, dass es nicht nur um Gebäude geht, sondern unsere Seelsorge in Verbindung mit Immobilien gut aufgestellt werden muss und dass wir synodal unterwegs sind, mit weniger Priestern. Die Kirche von morgen muss weiterhin Priester haben, aber auch viele Menschen, die für die Sache Jesu brennen. Bei dieser Entwicklung fühle ich mich als Teammanager. Die Zukunft hat begonnen und ehrlich gesagt, ich habe keine Angst um die Zukunft der Kirche, auch weil ich immer wieder merke, dass die Kinder in den Kitas und Schulen die besten Menschen der Welt sind und einfach das Wort Jesu hören wollen.

Vielen Dank für das Gespräch.

Johannes Broermann